Februar 28, 2009

Von Brasilianern mit merkwuerdigem Sprachverhalten und sadistischen Krankenschwestern

Nachdem ich aus dem Hellhole, das ich bis vor kurzem noch mein zuhause nannte, ausgezogen bin, fuehle ich mich von Tag zu Tag immer wohler hier in Banff. Die Sauberkeit, die ich gerne haette, findet man in der neuen Wohnung zwar auch nicht so ganz vor, aber dafuer ist diese wunderschoen und mit einem grossen Balkon ausgestattet, der einem eine tolle Sicht auf die Berge und die Stadt beschert.

In meinen beiden Kollegen Katrin und Tassilo habe ich sehr gute Freunde gefunden, mit denen ich auch sehr viel Zeit verbringe, zuletzt vor allem mit zweiterem, der aus Brasilien stammt, aber lange Zeit in den US of A und als letztes fuenf Jahre in Zuerich gelebt und gearbeitet hat. Dass er deutsch spricht, ist ja nicht weiter verwunderlich, aber an seinen schweizer Akzent muss man sich erst mal gewoehnen, denn so oft habe ich bis jetzt noch keinen Brasilianer getroffen, der Deutsch mit einem schwizzer Akzent spricht. :-)
Seine Grosseltern kommen aber urspruenglich aus der Schweiz, das eruebrigt dann manch weitere Fragen dieser ungewoehnlichen linguistischen Konstellation.

Mit Tas war ich dann auch mehrmals in Calgary, da er sich dort ein Auto gekauft hat, wir dann einkaufen waren - was um ein Vielfaches preiswerter ist als in Banff - und ich mich wegen des anstehenden Kaufes eines Camcorders schlau gemacht habe. Urspruenglich hatte ich vor, die Camera zu finanzieren, was im Sony Store in Calgary mittels einer Mitgliedskarte generell moeglich ist, aber da ich erst vor ein paar Wochen meine canadische Visakarte beantragt habe - die immer noch nicht da ist -, bleibt mir diese Moeglichkeit der stueckweisen Zahlung verwehrt. Also spare ich jetzt fleissig, und letztendlich war es auch gut, dass ich die Camera nicht vom Fleck weg gekauft habe, denn jetzt wird mir die Moeglichkeit gegeben, das neuere Modell zum gleichen Preis zu bekommen. Wuhuu!!

Am Mittwoch musste ich ins sehr schoene Krankenhaus, das direkt neben unserem Hotel situiert ist, da mein Finger nach anfaenglichen Druckschmerzen, die ich auf einen unruhigen Schlaf zurueckgefuehrt habe, immer dicker und dicker wurde. Auf der Arbeit meinte der 'Rooms Division'-Manager Andries dann, dass ich lieber mal ins Krankenhaus gehen sollte, um das genauer untersuchen zu lassen. Ich also meinen Mantel angezogen, bei -25 Grad C und wuetendem Schneesturm die ca. 400m - die sich endlos hingezogen haben - auf mich genommen, um mich dann halb erfroren in der Notaufnahme anzumelden.
Laut Aussage des sehr netten Arztes handelte es sich um eine bakterielle Infektion - wo auch immer die herkam - und ihm blieb nichts anderes uebrig, als meinen geliebten Ringfinger aufzuschnibbeln. Die Schmerzen waren wirklich kaum noch auszuhalten, sobald der Finger mit irgendetwas in Beruehrung kam. Ein Messer im Ruecken waere weitaus angenehmer gewesen. Nach drei ca. zwei meterlangen Betaeubungsspritzen, die so tief in den Finger und die Hand gingen, dass ich das Gefuehl hatte, sie wuerden auf der anderen Seite des Tisches wieder rauskommen - tatsaechlich aeusserte sich ein Patient im Stoeckwerk unter uns ueber ein kontinuierliches Stechen im Kopf - hat sich auch langsam das taube Gefuehl im Finger eingeschlichen, das ich so abgrundtief hasse, da mein Koerper die ganze Zeit ungewollt gegen die Betaeubung kaempft. Der Eingriff an sich dauerte nur ein paar Sekunden und kurz danach kam dann die allergeilste Krankenschwester, die ich jemals gesehen habe, in Zeitlupe und mit im Wind wehenden Haaren in den Raum, um ihn auf brutalste Weise zu verbinden. Dummerweise war der erste Verband naemlich vieeel zu klein - so 'ne Art Fingerkondom aus Watte weiss ich was-, aber da sie im Glauben war, mein Finger waere noch taub und sie ihn ganz bestimmt in den Verband bekommen wuerde, hat sie mit aller Gewalt und ohne jeglichen Anflug von Liebe versucht, ihn ueber meinen Finger zu streifen. Nachdem ich aufgehoert hatte zu weinen und das Personal aufgrund meiner Hilfeschreie nach Mami und des nicht auhoeren wollenden Flehens angefangen hat, die liebe Annegret zu suchen, jedoch weit und breit nicht auffinden konnte, bin ich dann mit schmerzverzerrtem Gesicht und halbtraumatisiert von der Folter an den Empfang gegangen, um meine Rechnung ueber ca. 750 Dollar (!) in Empfang zu nehmen. Mal sehen, wie lange es dauern wird, den Betrag von der Auslands-Reiseversicherung wiederzubekommen.

Ansonsten ist hier alles wunderbar. Ich bin gerade am ueberlegen am dran, ob ich meinen Aufenthalt hier verlaengere - was dann verbunden waere mit einer permanent residency - oder ob ich doch noch mal nach Neuseeland oder auch nach Irland gehe, was aber eher unwahrscheinlich ist und aus dem unstillbaren Fernweh resultiert, das mich seit ein paar Jahren fest im Griff hat. Definitiv moechte ich in den Norden Canadas gehen, also mache ich es evtl. dann so, dass ich (wie erwaehnt) eine PR beantrage und sobald ich sie erhalten habe, mich um Jobs im Norden kuemmere. Es kommt aber auch darauf an, was alles noch so auf mich zukommt. Viele meiner Kollegen - ich mit eingeschlossen, der der liebste von allen ist - wuerden mich gerne in einer hoeheren Position sehen, aber leider ist zur Zeit noch jede Stelle besetzt. Die Reservierungsleiterin - die mich 'liebt', aber ungefaehr so hoch wie breit ist und das auf nur circa 1,55 Meter verteilt - hat viele Kontakte im Yukon, insbesondere in der Provinz-Haupstadt Whitehorse und wuerde sehr gerne ihren dort ansaessigen Freunden einen Gefallen tun. ;-)
Aber das ist im Moment noch Zukunftsmusik, die eventuell, sollte ich mich entscheiden, hier zu bleiben, sowieso erst im naechsten Jahr richtig hoerbar wird.

Ich fuehle mich hier unglaublich wohl und habe, nach der riesigen familiaeren Enttaeuschung im letzten Jahr, endlich wieder die Gewissheit, am richtigen Platz zu sein. Natuerlich kommt es hin und wieder vor, dass ich an Koeln und die Heimat denke und diese, samt Freunden und Familie, vermisse, jedoch bin ich mir sicher, dass ich an nichts anderes denken koennte als an Canada, wuerde ich wieder nach Koeln ziehen.

In diesem Sinne schicke ich Euch die liebsten Gruesse nach Deutschland und bin immer froh, von Euch allen zu hoeren.

:-)

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